Dichtspaltverhalten von druckbelastbaren Radiallwellendichtringen

Dipl.-Ing. S. Kreutzer

Untersuchung am VR Radialwellendichtring Bauform SOA
Einleitung
Durch einen neuartigen Dichtring-Aufbau und dem Einsatz von selbstschmierenden elastomeren Materialien ist es mit dem VR — Ring Bauform SOA gelungen, in Anwendungen des mittleren Druckbereichs (15-150 bar) vorzuziehen. Bei Pumpen und Drehdurchgängen war es bisher kaum möglich, Radialwellendichtungen mit elastomeren Materialien bei hohen p-v Werten sicher einzusetzen. Hohe Radialkräfte führen zum Einfressen des Dichtmaterials in die Achsenoberfläche. Hohe Verlustmomente, hohe Reibtemperaturen, dies sind nur einige Nachteile womit es der Anwender beim Einsatz herkömmlicher Radialwellendichtungen zu tun bekommt.
Die mechanischen und physikalischen Überbeanspruchungen bei hohen p-v Werten sind ursächlich zurückzuführen auf eine zu große Dicht-Spaltextrusion zwischen Druckabstützung und der Welle.
Dynamische Dichtwirkung im Dichtlippenbereich
Wirkungsprinzip
Das Wirkungsprinzip dieser federlosen Radialwellen-Dichtungen liegt darin begründet, dass über metallische Stützkörper Membrankörper in S-förmiger Ausbildung mit einer genau abgestimmten Vorspannung aufgezogen werden. Die sich an den Membrankörper anschließende, schräggestellte Dichtlippe wirkt der Druckrichtung des Mediums entgegen und wird rückseitig durch die integrierte Druckscheibe abgestützt. Es baut sich beim Aufstretchen des Membrankörpers über die Metallkörper eine Radial- und eine Tangentialkraft im Membran- und Dichtlippenteil auf. Diese Radial- und Tagentialkraft ersetzt die Federkraft, die bei den Standard-Dichtungen als Radialkraft zum Aufbau der Dichtkraft benötigt wird. Es ist durch das Vorhandensein der Tangentialkraft möglich, die Radialkraft dieser RWDR bis auf ein Viertel der Radialkraft des Standardringes zu senken. Dies ist der wesentliche Vorteil dieser Dichtungskonstruktion und dies entspricht somit den Grundforderungen die an jede Dichtstelle gestellt werden sollten.
D.h :
- keine Einlaufspuren auf der Achse auch ohne Härten und Schleifen,
- auch auf nichtrostenden (V2A, V4A) Achsen, geringe
Verlustleistung, hohe Drehzahlen möglich, hohe Druckbelastung, hohe
Dichtwirkung, hohe Lebensdauerwerte
Dichtspaltextrusion
Jeder Radialwellendichtring unterliegt bei Druckbelastung im Dichtlippenbereich in Richtung der druckabgewandten Seite einer Extrusion, einem Einziehen des Dichtmaterials in den Dichtspalt zwischen der Welle dl und dem Wirkdurchmesser

Der Abstand des Dichtspaltes ds = (DW-dI) / 2 ist bestimmende Größe für den p-v Wert der Dichtstelle (p-v) = f (ds)
Dw (Abstand ds). Bei diesem Vorgang wandert unter dem Einfluss von Druck und Drehzahl das elastomere Material im hinteren Bereich der Dichtlippe zwischen dem Spalt der Druckabstützung und der Welle in Richtung der druckabgewandten Seite.
Der Wirkdurchmesser Dw ist entweder durch die
Dichtringkonstruktion oder durch das hinter der Dichtlippe anschließende
Bauteil (Gehäuse, Scheibe usw.) bestimmt.
Unter der Druckbelastung p entsteht durch das Einziehen des Dichtungsmaterials in den Ringspalt ds eine vielfach höhere Radialkraft Fr und zusätzlich eine Axialkraft Fa in Richtung der druckabgewandten Seite. Bei drehenden Wellen wirkt unter dem Einfluss der Druckbelastung eine Torsion auf die Dichtlippengeometrie. Es kommt zu hohen Schubspannungen im Dichtmaterial. Diese Schubspannungen rt sind eine Funktion f(p, v, µo, ds.) Es ist absolut notwendig über den gesamten Umfang des Dichtspaltes ein konstantes Maß ds zu erreichen. Zusätzlich muß die Dichtlippe durch eine ca. 30° angestellte Fläche nach dem Wirkdurchmesser Dw unterstützt werden, so dass diese nicht mit der gesamten Länge unter Druck auf der Welle anliegt.
Bei einem zu großen oder ungleichen Abstand ds kann es im Betriebszustand zu Materialverbrennungen und zum Abscheren der Dichtlippen führen. Der Abstand ds ist somit der entscheidende Faktor, ob eine Dichtung unter dem vorgegebenen Druck und der vorgegebenen Umfangsgeschwindigkeit hält oder zerstört wird.

Beim VR- Dichtsystem wird der Dichtspalt ds durch das Stützkörperbohrungs-Maß DW berücksichtigt. Höhere und dynamisch aufkommende Druckbelastungen erfordern kleine Abstände ds. Für die VR-Radialwellendichtringe wurden unter dem Einfluss der Druckbelastung Mindest-Abstandswerte ds ermittelt — Diagramm 1
Um hohe Drücke aufnehmen zu können, muss somit ds klein
werden und es muss auch die Druckabstützung hinter der Dichtung stabiler und auch genauer ausgeführt werden. Diese Druckabstützung wird bisher beim Standard-Ring mit einer zusätzlich hinter der Dichtung angesetzten Scheibe erreicht -Bild 4-
Bei der VR-Bauform SOA ist konstruktiv diese Druckscheibe in den Dichtungsaufbau integriert. Erst durch die zusätzliche metallische Zentrierung der Dichtung zur Gehäusebohrung wird es möglich, die ds-Werte bei dieser Bauform äußerst klein zu gestalten. Damit wird erreicht, dass die Dichtung absolut zentrisch zur Welle sitzt.
Dies wiederum ist erforderlich, um über den gesamten Umfang des Dichtspaltes ein gleiches ds — Maß zu erhalten. Denn nur dann kann gewährleistet werden, dass unter dem Einfluss des Druckes das Torsionsbild (Spannungsbild) des Dichtmaterials über den Umfang konstant ist und es zu keiner Materialextrusion kommt. Ungleiche Spannungsverhältnisse im Dichtspalt führen zu frühzeitigem Ausfall (Tangentialrisse) bzw. verringern die Lebensdauer der Dichtungen erheblich.

Bild 5
Drehmomentermittlung

- SOA mit d3 = -0,03 mm
- HNBR 70 Shore
- n = 15 U/min
- Drehmomentemittlung Mt ( Verlustmoment bei Dichtspalt 0.03
mm ) - Unter verschiedenen Druckwerten und verschiedenen
Wellendurchmessern - Verlustleistung P = Mt x w
Zusammenfassung
Neuer druckbelastbarer Radialwellendichtring für Anwendungen
im mittleren Druckbereich.
Durch den völlig neuen Aufbau eines Radialwellendichtrings unter Berücksichtigung der Minimierung der Dichtspaltextrusion und der Optimierung des zu verwendenden Dichtmaterials (z.B. eigenschmierfähig) kann diese Ausführung im mittleren Druckbereich bei Pumpen, insbesondere auch bei Benzinpumpen eingesetzt werden.
Summary
New type of pressure resistant radial lip
seal for use in the middle pressure range.
The reduction of the clearence between
Shaft and support ring and the amelioration of the elastomer material (self
greasing) led to a complete new construction of the radial lip Seal. This new
type of seal enables the use in the middle pressure range of pumps, especially
gasoline pumps.